Interview mit David Orlowsky – unser Artist in Residence 2025

Was macht die Klarinette für dich so besonders, dass du sie zu deiner Berufung gemacht hast?

Ursprünglich war ich eigentlich Schlagzeuger und durfte dann auf einer Tournee des Jugendorchesters mal in die Klarinette reinblasen. Das fand ich toll, Musik mit dem Atem zu machen.

Die Klarinette hat eine große Ähnlichkeit zur menschlichen Stimme und ist unglaublich vielseitig. Sie hat einen sehr großen Tonumfang und auch dynamisch hat sie eine hohe Bandbreite. Ich liebe ihre gesanglichen Qualitäten und versuche, sie wie meine Stimme einzusetzen.

Wie kam es dazu, dass du dich dem Klezmer zugewandt hast und was fasziniert dich daran?

Ich mag die Art, wie die Klarinette dort eingesetzt wird und ich mag das uneindeutige der Musik: Moll kann fröhlich klingen und Dur traurig, es ist eine Musik der Zwischentöne, wie das Leben selbst.

Außerdem ist es eine sehr unmittelbare Musik. Sie wird weltweit verstanden und berührt die Menschen. Sie trägt unglaublich viele Musikstile in sich, wie eine Art musikalisches Esperanto.

Was verbindest du mit dem Komponisten, vor allem aber dem Menschen Kurt Weill?

Ich mag seine Musik sehr und bewundere seinen Mut zur Einfachheit. Er bringt seine Aussagen auf den Punkt ohne je banal zu sein. Darin liegt für mich ein Wesen der Kunst. Trotz seines sehr bewegten Lebens hat er sich meines Erachtens musikalisch sehr gradlinig verhalten.

Es scheint mir, als hätte er meist ein deutliches Bauchgefühl gehabt und auch darauf gehört. Auch das bewundere ich. Ich hätte ihn wahnsinnig gerne kennengelernt – seine Aufnahme von „Speak Low“ bei der er selbst singt, berührt mich unglaublich.

Das diesjährige Motto befasst sich mit der Vielfalt und Farbenpracht des Lebens, aber auch mit Menschlichkeit und Freiheit. Was bedeutet das für dich?

Für mich geht das Hand in Hand. Das Leben kann so unfassbar bunt sein, wenn man sich darauf einlässt. Auf Konzerten begegnen wir Menschen die offen sind für seelischen Input.

Livemusik ist das Gegenteil von dem Trend, in unsere Smartphones „hineinzuleben“. Die Musik findet in diesem Moment statt und wird von allen im Raum ganz individuell erlebt, das finde ich unglaublich aufregend.

Jedes Konzert ist eine Einladung, seine Sinne zu öffnen und das Leben in seiner Farbenpracht wahrzunehmen. Ich glaube, es ist ein zutiefst menschliches Bedürfnis, Musik gemeinsam zu erfahren.

Die Rolle des Artist-in-Residence hat eine lange Tradition beim Kurt Weill Fest. Sie wurde bereits auf ganz unterschiedliche Arten bekleidet und ausgefüllt. Was bedeutet diese Rolle für dich und wie möchtest du sie nutzen?

Das ist für mich eine riesengroße Ehre und ich freue mich sehr darauf! Zum einen kommt man als Artist-in-Residence in einen tieferen Kontakt mit dem Festivalteam, aber auch mit dem Publikum kann man eine vielschichtige Verbindung eingehen. Beim Kurt Weill Fest spiele ich ja sehr unterschiedliche Programme und ich bin total gespannt, wie sich das anfühlen wird. Es ist natürlich auch eine Gelegenheit, andere KünstlerInnen kennen zu lernen worauf ich mich sehr freue bei dem tollen Programm. 🙂

Möchtest du ein paar Worte an unser Publikum richten?

Jaaa!

Liebes Publikum, wie schön, dass Ihr da seid! Ich weiß nicht, ob Euch immer klar ist, wie wichtig Ihr seid. Eure Aufmerksamtkeit und Anwesenheit macht ein Konzert erst zum Konzert.

Es ist ein bisschen wie bei einem guten Gespräch: Wenn uns gut zugehört wird, verstehen wir unsere eigenen Gedanken besser und wir werden uns beim Sprechen über vieles erst klar. Das Gleiche kann im Konzert passieren: Durch Eure Aufmerksamkeit kann die Musik eine neue Ebene erreichen, die ohne Euch nicht möglich wäre. An besonderen Abenden könnt Ihr uns zu besseren Musikern machen. Es spielt also nicht nur eine große Rolle, dass Ihr da seid, sondern auch, wie Ihr da seid.

Ich freue mich sehr darauf, Euch bei meinen Konzerten in Dessau kennenzulernen!